Firstlight an der internationalen Raumstation ISS

Aufnahme der internationalen Raumstation ISS

Vor gut zwei Jahren hab ich mir ein neues Spielzeug gekauft. 16kg Glas mit etwas Metall außen rum hatte das Teil und hörte auf den Namen Teleskop, genauer gesagt auf RC-Spiegelteleskop von GSO. Bei einer Brennweite von 2000mm und 10 Zoll Öffnung kam das Teil immerhin noch auf ein Öffnungsverhältnis von f/8. Für das firstlight des Spiegels sollte mir die ISS helfen.

Die Luft war alles andere als ruhig. Sie flimmerte fröhlich vor sich hin. Dieses Geflimmere wollte sich anscheinend der Mond nicht mit ansehen und versuchte. hinter leichten Schleierwolken zu schwinden. Neugierig, wie er aber war, schaute er immer wieder mal raus. Hmm, Topergebnisse waren nicht zu erwarten.

Ich schraubte das Teleskop auf die Montierung, bei der ich die Klemmungen der beiden Achsen löste, um manuell nachführen zu können. Die EOS600d kam fokal an das Teleskop. Und dazwischen schnallte ich noch den 1,4fach TK, so daß ich auf eine Brennweite von 2800mm kam. Videomodus eingestellt, Belichtungszeit auf 1/2000s pro Frame gedreht und die ISO auf 1600 geschraubt. Das sollte eine ISS ohne Bewegungsunschärfe ergeben können, wobei ich mit einer gewissen Unterbelichtung und höherem Rauschen rechnen mußte.

Die Nachbarschaft war inzwischen aufmerksam geworden und versammelte sich vor dem Gartentor. Ich stellte das Teleskop an Gevatter Mond scharf und erzählte dann den Nachbarn, was ich da vor hatte. Und schon war sie zu sehen, die ISS, als heller Punkt, der sich rasend schnell über den Himmel bewegte. Ich sprinte zum Teleskop, schaltete den Leuchtpunktsucher ein und startete die Videoaufnahme. Meine Verrenkungen müssen lustig ausgesehen haben, als ich, das Auge am Leuchtpunktsucher, versuchte, die ISS nicht aus dem Blickfeld zu verlieren.

Nach zwei Minuten war der Spuk vorbei und ich schaltete ab. Noch ein kurzes Plauderminütchen, dann baute ich die Ausrüsung ab und ging nach drinnnen. Der Mond hatte sich hinter seiner groß gewordenen Wolke schlafen gelegt und ich würde es ihm wohl bald gleich tun.

Hier ein Bild, das ich aus dem Video extrahiert und bearbeitet hab.

iss_firstlight

Das Machbare, was die Details betrifft

Ich hab mir mal Gedanken dazu gemacht, wie detailreich ich die ISS hier an meinem Standort in Mittelfranken überhaupt abbilden kann.

Also, die Station ist etwa 100m breit. Die Entfernung bei der Aufnahme definiere ich mal auf 450km. Wenn ich nun meinen Taschenrechner auspacke und das Ganze überschlage, dann komm ich zu folgendem Ergebnis:

Mich interessierte die scheinbare Größe alpha der Station in Winkelsekunden:

alpha = arctan 100m / 450000m = 0,0127°

0,0127° entsprechen etwa 45 Bogensekunden.

Mein RC besitzt mit der 10 Zoll-Öffnung eine durch Beugung begrenzte Auflösung von etwa einer halben Bogensekunde. Mehr geht nicht. Das bedeutet, wenn ich diese halbe Bogensekunde einem Pixel auf dem CMOS-Chip der Kamera gleichsetzte, dann würde eine optimal aufgelöste Aufnahme 90 Pixel groß sein. Jede weitere Vergrößerung, sei es optisch oder digital, würde das Bild zwar größer machen, aber keinen Deut mehr an Details zutage bringen.

Bezogen auf die Größe der ISS kann ich also im besten Fall Details mit einer Größe von etwa 1 Meter auflösen.

Allerdings gibt da dann doch ein kleines Problem. Ich kann hier in Mittelfranken die theoretische Auflösung meines Teleskops nicht ausnutzen. Da spielt das Wetter nicht mit. Viel mehr als 2 Bogensekunden werd ich selbst bei besten Bedingungen nicht schaffen.

Mist!

Ich bin mir sicher, daß mich die Astronauten sehen, wenn ich mit meinem Teleskop im Garten stehen. Und ich bin mir auch sicher, daß sie mir dann durch ihr Fenster immer zuwinken 🙂 Und ich möchte ihr Winken doch so gerne Fotografieren…

Man muß überlegen, was man tun kann.

Das Einfachste wäre es natürlich, mal dort droben anzurufen und die Jungs und Mädels zu bitten, etwas tiefer zu gehen, wenn sie wieder über meinen Garten fliegen. leider kann ich im Moment die Telefonnummer nicht finden 🙂

Eine andere Möglichkeit wäre es, die Video-Aufnahmen so kurz wie möglich zu belichten. Ich hab mir vor Kurzem eine ASI120-Astrokamera in SW-Version zugelegt, die kann sehr kurz belichten. Außerden bietet sie eine exzellente Auflösung. Ich konnte die Kamera leider nocht nicht austesten.

Eine normale DSLR im Video-Mode kann ich bei der Sache wohl vergessen. Denn Video auf der DSLR bedeutet bei Canon FullHD, sprich eine um den Faktor 3 reduzierte Auflösung. Aber…

Bei meiner 600D könnte ich da tricksen, indem ich im Crop-mode aufnehme. Bei dieser Kamera bedeutet der Cropmode nämlich einen 1:1-Ausschnitt des Kamerasensors ohne irgendwelches lineskipping oder Interpolation. Allerdings krieg ich hier keine wirklich kurzen Belichtugszeiten hin, die das Seeing einfrieren könnten. Bei 1/25s ist, glaub ich, Schluß.

Auch hier gäbe es einen Tick. Und dieser Trick heißt Magic Lantern.

Mit diesem firmware-Aufsatz für einige Canon-Kameras kann ich im Videomode die Canon-Beschränkung außer Kraft setzen und auch sehr kurz belichten (nennt sich exposure override). Und ich kann mit allen unterstützten Canons Rohvideo aufnehmen. Wenn ich bei diesem Rohvideo dann noch den Crop-mode einschalte, hab ich  eine optimale Auflösung des Sensors, natürlich bei reduzierter Bildgröße.

Dieses Rohvideo-Format ist nur nicht jedermanns Sache.

Bei den Canon DSLRs wandern die Photonen vom Sensor, soweit ich zu wissen glaube, erstmal durch zwei Analogverstärker. Im ersten wird die ISO Verstärkung dazugegeben in ganzzahligen Stufen. Im zweiten folgt noch ein gewisses Finetuning. Danach wandert das Ganze über einen Analog-Digial-Wandler in die Tiefen der Kamera.
Canon bereitet die Bilder auf, auch die CR2, also die Rohbilder. Keine Ahnung, was da alles hinzugefügt wird. Auf jeden Fall dabei ist eine sehr effektive Rauschunterdrückung und eine Korrektur von Fehlpixeln.
Magic Lantern greift das digtale Videosignal ab, bevor es die Verbesserungen von Canon durchläuft. Das Rohvideoformat von Magic Lantern bietet also im Prinzip einen Sensordump mit ISO ohne nachfolgende Verbesserungen.
Das Video schaut so aus, wie es vom Sensor kommt. Was man draus macht, ist jedem sein eigenes Problem. Rauschen, Fehlpixel, Banding, Weißabgleich, Schwarzwert (manchmal), um das alles muß man sich selber kümmern. Dafür hat man es in der Hand, das letzte aus der Aufnahme herauszukitzeln.

So, ich hoffe nun, daß ich bei meinen Überlegungen und der ganzen Rechnerei keine allzu großen Fehler reingebracht habe 🙂

Die technischen Daten zusammengefasst:

Kamera:        Canon EOS600D
Telekonverter: 1,4fach
Teleskop:   GSO-RC 10 Zoll 2000mm Brennweite
Montierung: AZ-EQ6GT
Resultierende Brennweite: 2800mm
Belichtungszeit: 1/2000s
ISO:             1600
Magic Lantern Rohvideo im Cropmodus
decodiert mit raw2dng

resolution:       2048 x 1072 (600D 5x-crop)
frames:           686
fps:              5

frames, auf denen nur Himmel zu sehen ist:        670
frames, auf denen die ISS zu sehen:               17
frames, für die sich die Nachbearbeitung lohnt:   5

Nachbearbeitet mir darktable

Edgar

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